Stell dir vor, du bist im Laden in der Gemüseabteilung und schaust dich nach einem Salat um. Sind die Blätter unversehrt und knackig? Ist der Strunk hell? Riecht er frisch? Kommt der Salat aus der Region und sogar aus biologischem Anbau? Das sind einige Informationen, die man bei einem Salat sammeln kann. Ganz ohne womöglich irreführende, aufwändig gestaltete Verpackung - denn für deine Kaufentscheidung beim Salat benötigst du lediglich deine Nase und deine Augen.
Wie wählst du deinen Kaffee aus? Machst du es ähnlich wie bei einem Salat? Das könnte schwierig werden, es sei denn, du öffnest die Kaffeepackung, steckst die Nase hinein, nimmst ein paar Bohnen heraus und entscheidest dich dann einfach, die schlecht aussehenden Bohnen zu entsorgen. Das könnte zu Hause nach dem Kauf einen Ansatz darstellen.
Tatsächlich gibt es einige Hinweise, die wir nutzen können ohne die Kaffeepackung im Laden zu öffnen.
Ich möchte dir die 6 wichtigsten Tipps aus meiner Sicht vorstellen, die dir schnell zeigen sollen, wie ehrlich und transparent eine Rösterei mit dir sein will. Dein Nutzen dabei? Mit der Zeit wirst du schneller deine Geschmacksvorlieben identifizieren können und wie du die Parameter bei der Zubereitung anpassen kannst.
1. Das Röstdatum
Während des Röstvorgangs entsteht in der Kaffeebohne ein natürlicher Aromaschutz, das Kohlendioxid (CO2). Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass man im Schnitt bis zu 2 Wochen nach der Röstung mit der Espressozubereitung warten sollte. In diesem Zeitfenster verlässt viel CO2 den Kaffee, und das ist gut, denn mit zu viel CO2 können sich die Aromen nicht optimal entfalten. Die Crema ist zu dicht, und der Espresso kann herb, gasig oder kohlensäurenartig schmecken. Kaffeebohnen in einer ungeöffneten Packung können bis zu 3-4 Monaten die meisten Aromen noch bewahren. Eine geöffnete Packung sollte innerhalb einer Woche konsumiert werden. In den Bohnenbehälter sollst du nur den täglichen Verbrauch an Kaffeebohnen füllen. Denke daran, die Verpackung ist für den Kaffee sein bestes Zuhause und vor Feinden wie Licht und Sauerstoff geschützt. Ohne die Angabe des Röstdatums wären all diese Überlegungen unnötig. Wir bleiben interessiert und wollen guten Kaffee geniessen. Deshalb ist die Angabe des Röstdatums wichtig.
2. Der Röstgrad
Durch das Rösten werden die bekannten Aromen im Kaffee entfaltet. Was und wie geröstet wird, hängt stark von der Philosophie einer Rösterei ab. Um den Röstgrad einfach zu erklären, spricht man von 'Stärke' und 'Säure', die dann auf einer Skala von mild bis intensiv angegeben werden. Eine andere Möglichkeit ist, das geeignete Getränk zu erwähnen, z.B. 'geeignet für Espresso', 'geeignet für Café Crème', usw., oder die passenden Zubereitungsarten wie Espressomaschine, Vollautomat, Mokka, Filter, usw. aufzuzeigen. Andere Röstereien geben direkt den Röstgrad von hell bis sehr dunkel an, je nachdem, welche Zielgruppe angesprochen werden soll.
In meinem Fall reicht mir die Angabe vom Röstgrad (hell bis sehr dunkel). Für Filterkaffee kommen für mich nur helle Röstungen vom gleichen Produzenten in Frage (also keine Mischungen), da ich mehr von den enzymatischen Aromen haben möchte, die typisch und natürlich in der Bohne stecken. Bei der Espressozubereitung bewege ich mich von mittel bis dunkel, und es können Bohnen vom selben Produzenten sein oder auch eine Mischung aus verschiedenen Anbauländern.
3. Das Anbauland
Äthiopien, Honduras, Indonesien oder Brasilien? Kaffee wird heute in mehr als 80 Ländern angebaut. Im Laufe der Zeit und mit etwas Erfahrung, erkennst du welche Anbauländer eher zu deinen Geschmacksvorlieben passen. Ausserdem ist auch spannend zu wissen woher dein Kaffee kommt.
4. Die Kooperative und der Produzent
Im Anbau kümmern sich heute mindestens 125 Millionen Menschen um dieses Naturprodukt und setzen jährlich mindestens 165 Millionen Säcke à 60 kg ab. Das können mehrere Bauernfamilien sein, die für eine Kooperative arbeiten, oder Produzenten, die Kaffeekirschen von unabhängigen Bauern abnehmen und weiterverarbeiten. Ebenso gibt es Produzenten, die selbst anbauen und ernten. Wenn du weisst wer hinter der Kaffeebohne steckt, kannst du im Internet nach Hintergrundinformationen finden und wieso nicht, deine Gästen nicht nur einfach den Kaffee servieren, sondern sie mit einer Geschichte verblüffen!
5. Die Anbauhöhe
Hast du schon von Hochland- und Tieflandkaffee gehört? Konkreter ausgedrückt bezeichnet der Begriff Hochlandkaffee, im Schnitt zwischen 600 und 2.400 m ü. M., die Arabica-Pflanze. Die Robusta-Pflanze wächst hingegen im Bereich von 0-900 m ü. M. und wird folglich als Tieflandkaffee bezeichnet. Je höher eine Kaffeepflanze gewachsen ist, desto mehr Säure gelangt in die Frucht. In anderen Worten: Wenn du keinen säurebetonten Kaffee magst, wirst du bei Kaffee aus tieferen Lagen fündig.
6. Die Aufbereitung
Die Art und Weise, wie Kaffee nach der Ernte aufbereitet wird, gibt eine Vorstellung davon, wie er schmecken könnte. Diese Information ist in der Regel bei Standard-Kaffeesorten kaum zu finden. Hier betreten wir bereits den Bereich des Spezialitätenkaffees (engl. Specialty Coffee).
Das Ziel der Aufbereitung (engl. Processing) besteht darin, die Kaffeebohnen unmittelbar nach der Ernte auf eine Restfeuchtigkeit zwischen 10 und 13% zu trocknen, um sie für den Transport vorzubereiten. Die beiden gebräuchlichsten Aufbereitungsmethoden, die gleichzeitig auch die ältesten sind, sind die ungewaschene (engl. natural) und die gewaschene (engl. washed) Methode.
Bei der ungewaschenen Methode wird die Kaffeekirsche an der Sonne getrocknet und dann geschält. Bei der gewaschenen Methode wird zuerst das Fruchtfleisch mit einem Entpulper entfernt, die Samen werden in Wasserbädern fermentiert, danach mit frischem Wasser abgespült und zum Trocknen an der Sonne ausgelegt.
Zur Orientierung gilt: Gewaschener Kaffee ist oft säurebetonter, während ungewaschener Kaffee süsser sein kann. Es muss jedoch nicht immer genau so sein. Immer daran denken, Kaffee ist ein Naturprodukt.
Extra Tipp
Es kann durchaus frustrierend sein, im Laden vor dem Regal zu stehen und vergeblich nach relevanten Informationen zu suchen. Selbst wenn du endlich einen passenden Kaffee findest, könnte das Röstdatum weit zurückliegen. Warum also nicht gleich zur Quelle gehen?
Mittlerweile gibt es nahezu überall Röstereien unterschiedlichster Art und Grösse, die sich auf neugierige Besucher freuen. Meine Tipps sollen dir helfen, die richtigen Fragen zu stellen oder besser zu verstehen, was dir mitgeteilt wird. Du kannst auch nach dem Zubereitungsrezept fragen, und manchmal hast du sogar die Möglichkeit, einen Blick in die Rösterei zu werfen.
So weisst du jetzt auf was du beim Kaffeeeinkauf achten kannst und wie daraus daraus ein wahres Einkaufserlebnis entstehen kann!
Comments